Dr. Jan-Philipp Ahrens veröffentlicht seine Dissertationsschrift "Topics in Entrepreneurship and Family Business Management"


"Topics in Entrepreneurship and Family Business Management" befasst sich im Schwerpunkt mit Nachfolgen in Familienunternehmen in Deutschland. Nachfolgen sind für Familienunternehmen und mittelständischen Unternehmen von besonderer Bedeutung. Richtig durchgeführt sind sie eine großartige Entwicklungschance, gleichzeitig sind schlecht durchgeführte Nachfolgen für Familienunternehmen eine existenzielle Bedrohung. Da in Deutschland jedes Jahr tausende Nachfolgen anstehen, ist das Thema Nachfolge nach wie vor brandaktuell und wichtig.

Die empirische Arbeit umfasst insgesamt 804 Nachfolgen in deutschen Familienunternehmen mit 30-1.000 Mitarbeitern, welche zwischen 2002 und 2008 stattfanden. Der zugrundliegende Datensatz besitzt eine für diesen Forschungsgegenstand große Detailtiefe und Observationsbreite. Beobachtet werden u.a. die Kernhandlungen der Geschäftsführung, der Auswahlprozess und das Humankapital des Nachfolgers, die Familie, die Position des Seniorunternehmers sowie diverse Erfolgsmaße wie Profitabilität, Rating und Mitarbeiterzahl. Dadurch, dass der Analysefokus konsequent auf der Unternehmensperformance liegt, wird eine Vielzahl an praktischen Handlungsempfehlungen und „Best Pratices“ für Familienunternehmer generiert. Viele Ergebnisse betreten empirisches und akademisches Neuland und sie generieren zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Ein Kapitel der Veröffentlichung wurde auf der diesjährigen European Academy of Management Konferenz mit einem "Best Paper Award" ausgezeichnet.


Seniorunternehmer stellen sich oft die Frage, ob sie im Rahmen der Nachfolge weiterhin im Unternehmen mitwirken sollten. Diese Frage ist relevant: 70% der Seniorunternehmer bleiben weiterhin präsent im Unternehmen. Dazu existieren kontroverse Meinungen. Diese Arbeit präsentiert empirische Antworten: Generell hat die weitere Aktivität des Seniors eine signifikant positive Wirkung auf den Unternehmenserfolg, da viel implizites Wissen zugänglich bleibt. Ist jedoch der Nachfolger mit starkem Humankapital ausgestattet, verkehrt sich der positive Effekt zum leicht Negativen und es kommt zu Konflikten. Dieser Effekt wird verstärkt, je größer der Einfluss des Seniorunternehmers nach der Nachfolge im Unternehmen ist. Mit Blick auf den Unternehmenserfolg kann daher empfohlen werden, schwache Nachfolger zu begleiten und die eigene Position mit zunehmender Stärke des Nachfolgers Schritt für Schritt zu reduzieren. Kritisch ist die Fähigkeit oder das Humankapital des Nachfolgers.

Häufig stößt man bei Familienunternehmern auf den Wunsch, dass das Unternehmen in Familienhand verbleiben möge. Deswegen untersucht ein weiteres Kapitel die Auswirkungen dieses Wunsches auf den Auswahlprozess und das Humankapital des Nachfolgers, sowie seinen anschließenden Unternehmenserfolg. Es wird gezeigt, dass externe Nachfolger den Unternehmenserfolg im Schnitt stärker steigern als Familiennachfolger. Dies ist vor allem dadurch zu erklären, dass die Bevorzugung von Familienmitgliedern in einigen Fällen zu Nachfolgern mit schwachem Humankapital führt. Ferner, wird die Nachfolgersuche explizit nur auf den Familienkreis beschränkt, so sind deutliche und signifikante Erfolgseinbußen beobachtbar. Gleichzeitig wird gezeigt, dass mit Blick auf Unternehmensperformance gut ausgebildete Familiennachfolger nicht schwächer abschneiden als gute externe Nachfolger. Dies stellt erneut die besondere Bedeutung des Humankapitals des Nachfolgers heraus. Als Handlungsempfehlung wird abgeleitet, dass der Auswahlprozess objektiv gestaltet sein sollte und sich an den Fähigkeiten des Nachfolgers orientieren sollte. Bei (noch) schwachen Familiennachfolgern ist eine externe Interimslösung, bis ein fähiger Nachfolger zur Verfügung steht, vorteilhafter für den Unternehmenserfolg und Arbeitsplatzentwicklung.

Schaut man sich in Deutschland die Geschäftsführungslandschaft in Familienunternehmen an, lässt sich beobachten, dass dies ist eine Männerdomäne ist. In diesem Zusammenhang wurde in einem weiteren Kapitel das Humankapital von weiblichen Familiennachfolgern gemessen und mit männlichen Familiennachfolgern verglichen. Interessanterweise schneiden die Frauen hier signifikant besser ab. Sie müssen als Nachfolger im Schnitt stärkere Humankapitalwerte aufweisen, was auf stille Präferenzen der Seniorunternehmer für männliche Familiennachfolger zurückzuführen ist. Berücksichtigt man allerdings den signifikant positiven Einfluss des Humankapitals des Nachfolgers auf den Unternehmenserfolg, bleibt die Handlungsempfehlung, dass mit Blick auf den Unternehmenserfolg auch innerhalb der Familie der objektiv stärkere Nachfolger (gemessen am Humankapital) gewählt werden sollte.

Ferner werden in die Kernhandlungen der Geschäftsführung nach der Nachfolge beobachtet. Dabei werden sowohl normale Nachfolgen, als auch Nachfolgen in Krisen und Turnaroundsituationen beobachtet. Ziel ist es, Erfolgsfaktoren und Managementempfehlungen in Nachfolgen abzuleiten. Generell ergibt sich ein klares Bild. Der organisationale Wandel in Nachfolgen in Familienunternehmen ist immens. Er umfasst nahezu alle organisationalen Bereiche und Funktionen (50-60% aller Fälle). Dabei ist hervorzuheben, dass sich der Wandel signifikant positiv auf die Unternehmensperformance auswirkt, da sich durch alte Routinen und veralteten Lösungen oft Verbesserungspotentiale aus der Zeit vor der Nachfolge ergeben. Nachfolger mit hohem Humankapital erkennen diese Potentiale umfassender und führen mehr Verbesserungsprozesse ein, was in der Folge zu signifikant höherer Unternehmensperformance führt.

Insbesondere aus den Performance-Impacts einzelner Managementhandlungen lassen sich direkte „Best Practice“-Empfehlungen ableiten. Es zeigt sich, dass eine Überprüfung der alten Vergütungsstrukturen, bestehender Zulieferverträge sowie des Produktportfolios sich als signifikant performancesteigernde Erfolgsfaktoren in der Nachfolge herausstellen. Dabei sollte mit Augenmaß vorgegangen werden, denn eine starke Ausdünnung des Produktportfolios ist beispielsweise mit Erfolgseinbußen verbunden. Des Weiteren wird beobachtet, dass eine Internationalisierung im Rahmen einer Nachfolge mit signifikant negativen Erfolgsauswirkungen verbunden zu sein scheint. Möglicherweise überspannen der organisationale Wandel und eine gleichzeitige Internationalisierung die Möglichkeiten der mittelgroßen (30-1.000 Mitarbeiter) deutschen Familienunternehmen. Als Handlungsempfehlung lässt sich generell jedoch festhalten, dass es mit Erfolgseinbußen verbunden wäre, diesen Wandel im Rahmen der Nachfolge zu blockieren.
ub-madoc.bib.uni-mannheim.de/33326/

29.07.13


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PD Dr. habil. Jan-Philipp Ahrens
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